Den einen Asphalt, der für jede Strasse auf der Welt perfekt ist, gibt es nicht: Klimabedingungen, Verkehrsfrequenzen und Lasten stellen unterschiedliche Anforderungen an den Strassenbelag. Eine weitere Herausforderung: alten Asphalt so aufbereiten, dass er für neue Strassenbeläge eingesetzt werden kann. Dank Empa-Forschern rückt das Design des idealen Asphalts für jeden Strassentyp nun endlich näher.
Strassen sind vielen Belastungen ausgesetzt: Sie müssen sowohl zunehmenden Verkehrsfrequenzen als auch immer schwereren Lastwagen standhalten – und das bei Hitze, Kälte und Regen. Mit der Zeit entstehen Risse, Spurrinnen und Schlaglöcher im Strassenbelag, die mit viel Aufwand und Kosten ausgebessert werden müssen. «Das Ziel der Asphaltforschung ist es daher, Strassenbeläge zu entwickeln, die den Belastungen möglichst lange standhalten», erklärt Martin Zaumanis, Asphaltforscher an der Empa-Abteilung Strassenbau / Abdichtungen unter Manfred Partl.
Doch den in allen Lagen perfekten Asphalt gibt es nicht – eine vielbefahrene Strasse in einer moderaten Klimazone benötigt andere Eigenschaften als eine selten befahrene Bergstrasse, die auch über den kalten Winter halten muss.«Mit modernen Technologien ist es möglich, die Eigenschaften des Asphalts so einzustellen, dass er zum Beispiel widerstandsfähiger gegen Risse, rutschfester oder ruhiger wird – oder dass das Wasser besser ablaufen kann», so Zaumanis.
Schritt für Schritt zum perfekt angepassten Asphalt
Asphalt besteht aus zwei Basiskomponenten: Gestein in unterschiedlichen Korngrössen und dem Bindemittel Bitumen, eine schwarze klebrige Masse, die aus Erdöl gewonnen wird. Dabei übernimmt der Gesteinsanteil die Stützfunktion im Asphalt; das Bindemittel sorgt unter anderem dafür, dass die Masse zusammenhält und zähflüssige Eigenschaften besitzt.
Verschiedene Typen von Bitumen, Form und Grösse des verwendeten Gesteins, das Verhältnis zwischen den beiden Basiskomponenten, der Anteil an Poren und Zusatzstoffen aber auch moderne Technologien, wie Verfahren mit tiefen Herstelltemperaturen, oder dem Einsatz von rezykliertem Asphalt beeinflussen die Eigenschaften des fertigen Materials. Doch wie kommt man nun zum gewünschten «idealen» Asphalt mit geringer Verform- und Rissanfälligkeit bei maximaler Dauerhaftigkeit?
Die verwendete Methode nennt sich Performance-basiertes Design. Dabei definiert der Hersteller zunächst, welche Eigenschaften der Asphalt haben soll und wählt dafür die «Zutaten» hinsichtlich Qualität und Quantität entsprechend aus. Die fertige Asphalt-Mischung wird dann künstlich gealtert und auf ihre gewünschten Eigenschaften getestet. Entspricht sie diesen nicht, wird die Mischung Schritt für Schritt verbessert und wieder getestet, bis sie das gewünschte Verhalten erreicht. Das klingt einfach – doch an welchen Schrauben soll gedreht werden, wenn die Strasse auch bei grosser Kälte nicht reissen soll? Was, wenn sie Hitze und schwere Lasten aushalten muss, ohne Spurrinnen zu bilden? Und wie können Ressourcen erhalten und Asphalt wiederverwertet werden?
Martin Zaumanis hat sich dem Thema angenommen. Auf der Basis einer langen Liste an älteren und neueren Forschungsresultaten erstellte Zaumanis eine Matrix, die den Einfluss verschiedener Parameter auf sechs gewünschte Eigenschaften beschreibt: Widerstandsfähigkeit gegen Spurrinnen, Feuchtigkeit, thermische und lastenbedingte Risse, Steifigkeit und Verarbeitbarkeit. «Diese Matrix soll künftigen Asphaltdesignern helfen, die Eigenschaften des Strassenbelags mit möglichst wenigen Schritten feinjustieren zu können», erklärt der Forscher.
Dieser Ansatz ist umso wichtiger, als neue Mischungsarten mit alternativen Materialien oder hohen Recyclingmengen im Vordergrund stehen. Dieser Schwerpunkt hat zu einem multidisziplinären Projekt an der Empa geführt, das vom Bundesamt für Umwelt unter der Leitung von Lily Poulikakos mit den Teammitgliedern Martins Zaumanis und Maria Chiara Cavalli von der Empa-Abteilung Strassenbau/Dichtungskomponenten und Norbert Heeb und Maria Munoz Fernandez von der Abteilung für moderne analytische Chemie finanziert wurde. Maria Chiara Cavalli hat kürzlich an der ETH Zürich unter der Leitung von Lily Poulikakos und Professor Edoardo Mazza über die Chemie und Mechanik von Bitumen mit hohem Recyclinganteil und biobasierten Verjüngern promoviert. Die Schweizer Firmen BHZ und Ammann sind weitere Mitglieder dieses Projektes, das die Bedeutung alternativer Mischungen für die Industrie in der Schweiz zeigt.
Der Einsatz bestimmt die Eigenschaften
Ein Beispiel: Schwere Lasten können sowohl Spurrinnen als auch lastbedingte Risse begünstigen. Dies ergibt ein Optimierungsproblem bei stark belasteten Belägen mit stark kanalisiertem Verkehr, etwa bei rechten Spuren von Autobahnen, Autobahnzufahrten oder Einspurstrecken vor Lichtsignalen: ein höherer Anteil an Bitumen im Asphalt erhöht zwar den Widerstand gegen die Risse – gleichzeitig wird aber der Asphalt weicher; sprich anfälliger gegen Spurrinnenbildung. Hier sind Zusatzstoffe die richtige Lösung, etwa der Kunstgummi SBS. Wenn dieser dem Bitumen beigemischt wird, erhöht dies sowohl den Widerstand gegen Spurrinnen als auch gegen Lastrisse.
Der Nachteil zeigt sich aber darin, dass sich der Asphalt schwerer verarbeiten lässt. In der Zukunft sollen Asphalthersteller dank der Methodik in wenigen Schritten zum gewünschten Asphalt kommen – und die Nutzer der Strasse profitieren ebenfalls: Denn je länger der Strassenbelag der Belastung standhält, desto seltener stockt der Verkehr wegen Strassenverkehrsarbeiten.