Die Druckbranche als Gewinner der Digitalisierung? Diese Vorstellung fällt schwer – sind doch die negativen Auswirkungen der Digitalisierung auf Print allgemein bekannt. Das Geheimnis hinter der Vision der «Digitalisierungsgewinner» liegt in einem Credo: sich auf die eigenen Stärken besinnen.
Verlorene Vormachtstellung
Die Digitalisierung macht dem Druckmarkt schwer zu schaffen. Weil sich die Informationsvermittlung und Kommunikation zusehends in die digitale Welt verschiebt, werden Druckerzeugnisse immer weniger nachgefragt. Damit verliert die Branche endgültig ihre Monopolstellung in den Bereichen Marketing und Medien. Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, wie drastisch diese Veränderung ist. Mit der Erfindung des Buchdrucks wurde die rationelle Vervielfachung von Schriften möglich. Daraus entwickelten sich Errungenschaften der Zivilisation wie die flächendeckende Bildung, die systematische Konservierung von Wissen oder die schriftliche Massenkommunikation. Jahrhundertelang war der Druck das effektivste Mittel, Informationen und Botschaften an einen grossen Empfängerkreis weiterzugeben. Der Rundfunk, die Television und schliesslich das Internet sägten zusehends an dieser Position und drängten den Druck aus seiner Domäne.
Stärken der analogen Informationsvermittlung nutzen
Substitutionsprodukte wie Radio, Fernsehen und insbesondere Onlinemedien bringen Print in Bedrängnis. Dabei bleibt aber zu bedenken, dass diese Medien für die Informationsvermittlung zwar sehr ähnliche, aber nicht komplett gleiche Eigenschaften aufweisen. So hat der Druck für Medien, Marketing und Bildung gewisse Vorteile gegenüber digitalen Vermittlungsformen. Die Medienwirkungsforschung zeigt, dass analoge Formen für die Vermittlung von komplexen und umfassenden Informationen besser geeignet sind als digitale. Zudem kommt Druckprodukten eine grosse symbolische Bedeutung zu. Visitenkarten oder Sitzungsmappen werden nunmehr als Geste, nicht primär zur Informationsvermittlung übergeben. Das bedruckte Papier hat dadurch einen Wert im zwischenmenschlichen Bereich, der bisher mit digitalen Substituten nicht gleichwertig ersetzt werden kann. Des Weiteren ist erwiesen, dass Werbungen für Marken nachhaltigere Wirkung entfalten, wenn sie in einer gedruckten Zeitschrift erscheinen, als auf einer Website. Mit dem exzessiven Konsum digitaler Medien kann sich «digitale Demenz» einstellen – Inhalte bleiben nicht mehr im Gedächtnis hängen. Daher eignet sich Print wesentlich besser für die Stärkung von Marken. Digitale Inhalte punkten hingegen mit dem Potenzial zur Individualisierung und der guten Anbindung an den E-Commerce.
Aufklärungsarbeit als Entscheidungshilfe für Buyer
Damit im Marketing, in der Bildung und in der Medienlandschaft die richtige Balance zwischen Print und Digitalem gefunden werden kann, müssen die Stärken und Schwächen der jeweiligen Kanäle bekannt sein. Gerade für eine erfolgreiche duale Marketingstrategie ist es wichtig, die Mittel dem Ziel unterzuordnen. Die Frage «Was wollen wir erreichen?» bestimmt darüber, welche Kanäle genutzt werden. So findet Print weiterhin seine Verwendung und wird nicht aus reinen Trend- oder Kostengründen unberechtigterweise vom Markt verdrängt. Wenn sich Marketingverantwortliche und Chefredaktoren diese Gedanken machen, wird die Druckindustrie zur Digitalisierungsgewinnerin – mit denselben Leistungen, die sie im Moment zur Digitalisierungsverliererin machen. Nur erledigt sich diese Aufklärungsarbeit nicht von selbst. Print sollte sich auf seine eigenen Stärken besinnen und diese auch geschickt vermarkten – sogar digital!
In der Artikelserie «Wie weiter, Print?» stellen wir interessante Ansätze vor, mit denen die Druckbranche auch in Zukunft eine wichtige Rolle im Medienmarkt spielt. Nächste Woche folgt Teil 3 zum Thema «Premium-Option».
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Sie haben Teil 1 zum Thema «Sorgenkind Druckbranche» verpasst? Lesen Sie ihn hier.
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