Probenentnahme: Die Grundlage jedes Coronatests
Ein jeder PCR-Test beginnt für den Patienten mit dem unangenehmsten Teil: der Probenentnahme. Diese wird im Regelfall durch eine medizinische Fachperson in einer autorisierten Institution durchgeführt. Diese Orte umfassen Labore, Arztpraxen, Apotheken, Spitäler und kantonal zugelassene Testzentren (Quelle 1). Die Kosten eines ärztlich verordneten und ambulant durchgeführten Tests werden vom Bund übernommen, sofern die Beprobungskriterien des BAG erfüllt sind (A: Art. 26 Abs. 1). Im Wesentlichen geht es dabei und Covid-19-verdächtige Symptome und den Kontakt zu infizierten Personen (siehe Quelle 2).
Das Untersuchungsmaterial wird aus den oberen Atemwegen entnommen. Dies geschieht mit einem Nasen-Rachen- oder einem Rachenabstrich (3). Ist die Entnahme abgeschlossen, werden die Proben sachgemäss verpackt und an die zuständigen Labore versandt. Alle mikrobiologischen Laboratorien, die Coronatests auswerten, sind durch die Schweizer Arzneimittelbehörde Swissmedic zugelassen und erfüllen die Voraussetzungen der Verordnung über mikrobiologische Laboratorien (4). Eine umfassende Übersicht über die derzeit zugelassenen Labore finden Sie hier.
PCR-Test: Die Hintergründe
Die Polymerase-Kettenreaktion, kurz PCR, ist ein Verfahren zur Untersuchung der Feinstruktur von Erbsubstanzen. Es wird hauptsächlich bei genetischen Fragestellungen und in der Diagnostik von Infektionskrankheiten eingesetzt. In Blutproben und anderen Körperflüssigkeiten kann die Technologie auch kleinste Mengen an Erreger-Erbgut in kurzer Zeit nachweisen (5).
Die PCR wurde im Jahr 1983 vom amerikanischen Biochemiker Kary B. Mullis entwickelt und ist seither eine der wichtigsten Labormethoden im Bereich der DNA-Analytik. Sie vervielfacht einen kleinen Teil des Erbguts und lässt ihn so sichtbar werden (5). Im Falle des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 läuft dies wie folgt ab.
Die Zellprobe, die an einem Wattestäbchen haftet, wird in einer Pufferflüssigkeit gelöst. Daraus wird die gesamte RNA – sowohl menschliche als auch jene des allfälligen Virus – aus der Lösung isoliert. Da im SARS-CoV-2 einsträngige RNA und nicht doppelsträngige DNA die Erbsubstanz bildet, muss zur Vorbereitung auf die eigentliche PCR die RNA mittels Reverse Transkriptase zu DNA ergänzt werden. Daraufhin beginnt die Amplifikation, also Vervielfachung einer der viralen RNA in der Masse der gesamten vorhandenen RNA. Dazu wird der DNA-Strang durch Erhitzung denaturiert, sprich aus seiner Doppelhelixform in zwei Einzelstränge aufgeschmolzen (5).
Bei etwas niedrigerer Temperatur erfolgt der zweite Schritt des Amplifikationsprozesses. Dazu einige grundsätzliche Erläuterungen: Ein einzelner DNA-Strang besteht aus einem Grundgerüst, auf dem Basen in einer spezifischen Reihenfolge angeordnet sind. Dazu kommt ein zweiter Strang, der sich mit seinen Basen an die Basen des ersten Stranges bindet. So bildet sich eine Abfolge fixierter Basenpaare, die den Bauplan einer Zelle bestimmen. Mit dem sogenannten Primer, einer kurzen, virusspezifischen Basenabfolge, kann nun an einen denaturierten DNA-Strang angedockt werden. Der Primer bildet den Startpunkt für die Polymerase, die die jeweils passenden Komplementärbasen an den Strang bindet. Auf diese Weise wird aus einem einzelnen Strang mit freien Nukleotiden wieder eine Doppelhelix gebaut und die Erbinformation so verdoppelt. Dieser Vorgang – Denaturierung und Wiederaufbau des zweiten Stranges – bildet einen Zyklus, der beliebig viele Male wiederholt werden kann, daher auch der Name des Verfahrens. Aus einem Strang werden zwei, aus zwei vier, aus vier acht – es ergibt sich ein exponentielles Wachstum (5). Die amplifizierten Strukturen werden zum Schluss mit fluoreszierenden Mitteln sichtbar gemacht.
Ist RNA des Virus vorhanden, so wird sie durch die PCR vervielfacht und an einem gewissen Punkt für Detektionsgeräte sichtbar. Mitentscheidend ist dabei der Ct-Wert (cycle threshold, zu Deutsch Zyklusschwellenwert). Er besagt, wie viele Zyklen der Amplifizierung durchgeführt werden müssen, bis Virus-RNA sichtbar wird. Je höher der Ct-Wert ausfällt, desto geringer ist die Viruslast der Probe (6). Enthält das Untersuchungsmaterial keine virale Erbsubstanz, so wird auch nach vielen Zyklen keine Virus-RNA erkennbar und der Test fällt negativ aus (5).
PCR-Tests werden im Kontext des neuartigen Coronavirus als qualitative, nicht quantitative Diagnostiken eingesetzt. Sie analysieren demnach, ob, und nicht wie viel virale Erbsubstanz in einer Probe vorliegt. Der Ct-Wert bleibt dabei eine kritische Grösse – nach einer gewissen Anzahl Zyklen kann davon ausgegangen werden, dass kein vermehrungsfähiges Virus in der Probe vorhanden ist (7). Es gibt jedoch in Sachen Ct-Wert keinen festgelegten Standard, daher variiert die Schwelle für positive Resultate von einem Testsystem zum anderen (6).
Wie funktioniert‘s wirklich? Ein Praxisbeispiel
In der Praxis werden für die Laboranalysen spezielle Testgeräte eingesetzt. Eine Probe wird entnommen und ins Analysegerät gegeben, das die PCR selbstständig durchführt, prüft und das Resultat präsentiert, woraufhin das Labor die Resulate validiert. Hersteller solcher Analysekits und Geräte sind medizinaltechnische Unternehmen wie beispielsweise Roche oder Abbott.
Die Zulassung sämtlicher Testgeräte erfolgt in einem internationalen Rahmen, sie werden also nicht explizit für die Schweiz bewilligt. Als Medizinprodukte für die In-vitro-Diagnostik müssen sie gemäss der Schweizer Medizinprodukteverordung und den Richtlinien der Europäischen Union konform und CE-markiert sein, um in der Schweiz Anwendung finden zu dürfen. Zudem muss jedes Labor bei der Einführung eines Testsystems verifizieren, dass es die Tests gemäss Herstellerangaben reproduzierbar durchführen kann (8).
In einem befragten Labor aus dem Kanton Bern, das klinikinterne Coronatests per PCR-Analyse auswertet, wird das PCR-Gerät GenXpert der amerikanischen Firma Cepheid benutzt. Es handelt sich dabei um ein System, das bereits vor Covid-19 im Einsatz stand und somit nur kleine Anpassungen benötigte, um für die Diagnostik von SARS-CoV-2 nutzbar zu werden (9). Neben dem Gerät wird ein Testkit, bestehend aus der Gerätesoftware, Pipetten und den PCR-Kartuschen benötigt. Die Kartuschen sind dabei das Herzstück des Kits, da sie alle Reagenzien enthalten, die für die Covid-19-spezifische Analyse nötig sind. Es muss lediglich die Probe dazugegeben und die Kartusche ins Gerät gestellt werden, den Rest erledigt das System von selbst. Mittels mechanischer und chemischer Verfahren wird die RNA zu DNA ergänzt, durch Temperaturänderungen amplifiziert und schliesslich markiert, damit das optische Detektionssystem bestimmen kann, ob die Zielsequenz in der Probe vorhanden ist (9). Parallel sind zwei Kontrollsysteme aktiv. Sie überprüfen einerseits die Prozessbedingungen, andererseits die Probenqualität in verschiedenen Stadien der laufenden Analyse (10). Vier verschiedene Resultate können am Ende des Vorgangs erscheinen: positiv, mutmasslich positiv, negativ und ungültig. Während positive und negative Resultate – nach Validierung durch das Labor – eindeutig sind, wird bei einem mutmasslich positiven Resultat ein erneuter Test empfohlen, um mit Sicherheit zu bestimmen, dass es sich um SARS-CoV-2 handelt. Bei Validierungsversuchen des Herstellers wurden 97.8% der infizierten Proben positiv getestet, bei den Proben ohne SARS-CoV-2 liegt die korrekt-negative Rate bei 95.6% (10).
Von Labor zu Labor variieren die benutzten Analysegeräte und somit auch die Methoden und statistischen Werte. Dadurch, und durch eine grosse regulatorische Freiheit bezüglich Schwellenwerten wie dem Ct-Wert, sind die Resultate von unterschiedlichen PCR-Test nicht eins zu eins zu vergleichen.
Im dritten und letzten Teil unserer Artikelserie erfahren Sie am Donnerstag, 5. November, mehr über die statistische Interpretation von Testresultaten.
Für einen Überblick über die verschiedenen Testarten, lesen Sie Teil 1 unserer Artikelserie.
Quellen:
Weitere Quellen:
Die hier wiedergegebenen Informationen entsprechen dem Wissensstand am Publikationsdatum und werden in der Folge nicht aktualisiert.